Kurzeitwohnen für Menschen mit Behinderung
Das Interview
Tim: Soll Kurzzeitwohnen jemanden entlasten?
Herr Müller: Ja es soll die Angehörigen entlasten.
Tim: Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Kurzzeitwohnen?
Herr Müller: Es gibt eigentlich keinen so großen Unterschied. Außer das bei der Kurzzeitpflege bei jeder Schicht eine Pflegefachkraft anwesend sein muss.
Tim: Für welche Behinderungsarten ist das Kurzzeitwohnen gedacht?
Herr Müller: Für alle Behinderungsarten ist Kurzzeitwohnen gedacht je nach Einrichtung. Wir in der Kindervilla Dorothee sind breit gefächert. Wir haben Kinder die mehrfach-schwerstbehindert sind und dann haben wir auch Kinder die mobil sind oder nur eine leichte geistige Behinderung haben. Andere Einrichtungen haben andere Schwerpunkte wie verhaltenskreative Kinder oder andere Einrichtungen die haben sich spezialisiert auf mehr schwerstpflegebedürftige Kinder. Es gibt ja viele Einrichtungen in NRW. Wir schauen auch wenn wir Anfragen kriegen, wo das Kind oder der Jugendliche am besten hin passt in welche Einrichtung.
Tim: Wie viel kostet ein Platz für Kurzzeit wohnen?
Herr Müller: Von Einrichtung zu Einrichtung unterschiedlich aber da muss keine Privatpersonen für aufkommen das machen alles die Pflegekassen und die Landschaftsverbände.
Tim: Wo muss Kurzzeitwohnen beantragen?
Herr Müller: Es muss dann ein Antrag gestellt werden auf Kurzzeitpflege oder Verhinderungspflege und der Rest muss dann über die Landschaftsverbände oder über die Kreisverwaltungen beantragt werden. Die Einrichtungen beraten auch die Eltern, wie Sie das beantragen können.
Tim: Wie lange im Voraus muss man sich bewerben, um ein Platz zu bekommen?
Herr Müller: Das ich abhängig davon, wann man sein Kind bringen möchte. Ich kann jetzt nur von unserer Einrichtung sprechen. Wir sind immer in den Oster-Sommer-Herbst- und Weihnachtsferien sowie an den langen Wochenenden ausgebucht. Das ist so, dass wir jetzt schon die Jahresplanung machen für das Jahr 2022. Es gibt Wunschterminlisten für die Familien, die bei uns gelistet sind. Die Familien müssen die Listen bis zu einem bestimmten Datum ausfüllen und uns dann zukommen lassen. Bei uns ist das Ende September. Dann machen wir die Anmeldungen für das nächste Jahr. Wenn man die begehrten Zeiten haben möchte, brauchen die Familien eine gewisse Vorlaufzeit – 1 Jahr würde ich sagen.
Tim: Wo muss ich mich melden, wenn ich ein Kurzzeitwohnen Platz haben möchte?
Herr Müller: Da ist die Internetseite von Verein Becura e.V. (www.becura.de) ganz gut – da stehen verschiedene Einrichtungen drauf. Da kann man sich informieren und die Einrichtung in der Nähe finden.
Tim: Wenn ich nicht auf einer Liste stehe, kann ich auch mein Kind spontan, wenn eine Notsituation eintritt, vorbeibringen?
Herr Müller: Es gibt Zeiten, in denen das funktioniert und es gibt auch Zeiten, da sind wir voll belegt – dann können wir logischerweise keinen mehr aufnehmen.
Tim: Wie viel Anspruch gibt es auf Kurzzeitwohnen im Jahr?
Herr Müller: Es gibt keine so richtige Obergrenze, es ist abhängig vom Pflegebedarf jedes einzelnen. Beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe ist es z.B. so, dass die Kinder 60 Tagen im Jahr kommen dürfen ohne dass eine häusliche Ersparnis berechnet wird. Das ist so eine gefühlte Obergrenze. Es sollte schon ein Unterschied erkennbar sein zwischen Kurzzeitwohnen und Langzeitwohnen. Zum Beispiel wenn ein Kind das ganze Jahr hier bleibt, das geht nicht. Es gibt aber auch familiäre Situationen, da können auch schon mal Kinder ein halbes oder dreiviertel Jahr bei uns sein. Ein Beispiel – die Mutter liegt im Krankenhaus und kommt nach einer Operation nach Hause und darf nicht schwer heben.
Tim: Darf man auch die 60 Tage Anspruch mit ins nächste Jahr nehmen?
Herr Müller: Nein darf man nicht. Es besteht dann fürs neue Jahr ein neuer Anspruch. Außerdem wird es ja meistens individuell geregelt.
Tim: Wie viele Plätze haben Sie in Ihrer Einrichtung?
Herr Müller: Wir haben 10 genehmige Kurzzeitwohnplätze in unserer Einrichtung.
Tim: Werden auch mal mehr Plätze in Ihrer Einrichtung angeboten?
Herr Müller: Ich glaube nicht – aber es gibt auch immer wieder neue Einrichtungen die Kurzzeitwohnen anbieten.
Tim: Gibt es genug Plätze für Kurzzeitwohnen?
Herr Müller: Es ist abhängig auch von den Jahreszeiten, Ferienzeiten und Feiertagen, da gibt es schon zu wenig Plätze. Manche Einrichtungen haben auch Notfallplätze eingerichtet. Wenn jetzt zum Beispiel vom Jugendamt ein Notfall kommt, dass das Kind nicht mehr bei der Familie leben kann.
Tim: Was muss geschehen um mehr Kurzzeitwohnplätze zu schaffen?
Herr Müller: Wir haben immer wieder Anfragen über Becura. Becura begleitet Einrichtungen von Anfang an. Da jetzt leider Corona uns fest in der Hand hat und dadurch auch größere Träger ihr Kurzzeitwohnen eingestellt haben, gibt es noch weniger Plätze als es sowieso schon gibt.
Aber in den letzten Jahren ist schon eine Menge passiert gerade im Rheinland. Auch in den anderen Bundesländer hat sich viel getan aber leider durch Corona ist es in den letzten Monaten wieder ein bisschen schlechter geworden.
Tim: Noch eine Frage zum Schluss: Wie viele Mitarbeiter haben Sie hier in der Einrichtung beschäftigt?
Herr Müller: Wir haben immer ungefähr 30- 35 Mitarbeiter hier beschäftigt. Wir haben Krankenschwestern, Kinderkrankenschwestern, Heilerziehungspfleger, Erzieher, Sozialpädagogen, FSJler, 450 € Kräfte und Mitarbeiter aus weiteren Berufsgruppen.
Tim: Ich bedanke mich für das Interview recht herzlich.